von Seraina Nägele | 10. Feb. 2020

Alles rund um Blockchain

Dem Thema "Blockchain“ begegnen wir im Alltag immer öfter, doch für viele ist dieser Bereich Neuland. Genau aus diesem Grund haben wir auf folgende Fragen Antworten gesucht und gefunden: Was bedeutet Blockchain? Wie funktioniert das ganze überhaupt? Welche Risiken und Gefahren sind in Zusammenhang mit Blockchain zu beachten? Und was ist Bitcoin? 

Die Chance, elektronisch, schnell und sicher Transaktionen direkt zwischen vielen Beteiligten in einem Netzwerk abschliessen zu können, klingt für viele nach einer Illusion. Blockchain ermöglicht aber genau dies.

Unser Interviewpartner

Zusammen mit Patrick Bont, haben wir das Thema Blockchain-Technologie unter die Lupe genommen. Patrick Bont beschäftigt sich mit neuen Finanztechnologien und dabei auch mit den Möglichkeiten der Blockchain-Technologie. In diesem Interview ist er uns Rede und Antwort rund um Blockchain gestanden.

 

Patrick Bont_inkl Name

Blockchain: Einfach erklärt

Blockchain gehört zu den Distributed Ledger Technologien, eine Art von dezentralisierten Datenbanken. Blockchain ist eine davon. Auf den ersten Blick ist eine Blockchain (deutsch: Blockkette) jedoch nichts anderes als ein digitales Kontenbuch oder anders gesagt, eine Datenbank, allerdings mit speziellen Eigenschaften. Die Daten werden nicht auf einem einzigen zentralen Server gespeichert, sondern auf mehreren Rechnern gleichzeitig abgebildet, welche über ein Netzwerk, meistens das Internet, zusammengeschlossen sind. Die Rechner kommunizieren laufend miteinander und einigen sich nach bestimmten Regeln auf den Inhalt der Datenbank, dies wird auch Konsensmechanismus genannt. Das Resultat ist eine Datenbank, welche X-fach auf allen teilnehmenden Rechnern kopiert ist.


Der Vorteil davon ist eine sehr hohe Sicherheit, da ein Angreifer die Mehrheit der Kopien der Datenbank fälschen oder manipulieren müsste. Zudem hat jeder Teilnehmende Zugang zur gesamten Datenbank und kann alle Datensätze nachvollziehen und so beispielsweise Transaktionen überprüfen.


Der Name Blockchain kommt daher, dass Datensätze in gewissen (Zeit-)Einheiten verarbeitet und gespeichert werden. Eine solche Einheit wird „Block“ genannt. Die einzelnen Blöcke werden mit kryptographischen Methoden miteinander verbunden, so entsteht eine Kette von Blöcken, die Blockchain.

Und was ist Bitcoin?

Mittlerweile gibt es unzählige Arten von Blockchain-Technologien, wobei viele davon auf der Bitcoin-Technologie aufbauen und diese angepasst haben:

  • Bitcoin ist eine öffentlich, eine sogenannte Public Blockchain. Das heisst, dass jeder diesem Netzwerk beitreten kann. Das Netzwerk wird durch sogenannte „Miner“ betrieben. Diese stellen Infrastruktur und Rechnerleistung zur Verfügung und erhalten dafür eine Entlohnung in Form von Bitcoin.
  • Bei einer Privat Blockchain können nur ausgewählte Rechner bzw. Teilnehmende dem geschützten Netzwerk beitreten. Diese Anwendung macht z.B. bei Firmeninternen Blockchain-Lösungen Sinn.
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Business Cases: So läufts in der Praxis

In der Welt der Digitalisierung gibt es kaum eine Branche, für die noch keinen Blockchain Business Case entworfen wurde. Dabei stecken viele Projekte noch in den Kinderschuhen und es wird sich erst in den nächsten Jahren herauskristallisieren, welche Projekte sich wirklich durchsetzen werden. Folgende Projekte sind bereits erfolgreich oder haben ein grosses Potenzial:

Diamantenverwaltung
Ein Unternehmen aus England hat sich den Problemen im Diamanthandel wie beispielsweise Rückverfolgung, Diebesgut und Echtheit gewidmet und eine Blockchain Lösung entwickelt. Jeder Diamant kann anhand von diversen Kriterien eindeutig identifiziert werden. Diamanten werden deshalb anhand dieser Kriterien auf einer Blockchain gespeichert. Der Käufer / die Käuferin eines Diamanten kann dann jederzeit nachvollziehen, woher ein Diamant stammt und ob er aus legalen Quellen in den Verkauf gekommen ist.

Supply Chain
Eine anderes Anwendungsgebiet der Blockchain ist in der Supply Chain. Überall wo Produkte über verschiedene Zulieferer abgehandelt werden und dies für den Endkunden intransparent ist, bietet Blockchain Aufklärung. Zum Beispiel kann jeder einzelne Container auf einem Frachtschiff mit einer ID auf einer Blockchain abgebildet werden. Zur ID werden Informationen wie Frachtschiff, angelegte Häfen, Produktinformationen des Containers und Routen gespeichert werden. Somit kann der Kunde / die Kundin die Lebensgeschichte des Containers genau zurückverfolgen. Dies kann auch für Motoren, Medikamente oder sogar Lebensmittel angewendet werden. Die Schwierigkeit dabei ist es, die physische Welt in die digitale Welt abzubilden und diese Manipulation sicher abzuwickeln.

Tokenisierung der Finanzmärkte

Die grössten Veränderungen sind jedoch in der Finanzindustrie zu erwarten. Neben dem Versuch Banken durch digitale Währungen, wie z.B. „Libra“ zu umgehen, gibt es sogenannte Neobanken wie «Sygnum» oder «Seba», die Finanzinstrumente Tokenisieren möchten. Das bedeutet, dass z.B. Aktien auf der Blockchain abgebildet werden und es keinen intermediär mehr benötigt, um den Besitzer oder die Besitzerin zu wechseln. Der Besitzer A sendet seine Aktien direkt der Person B ohne Bank und ohne Börse.

Patrick Bont
FMA - Finanzmarktaufsicht Liechtenstein | Leiter Bereich Banken
„Die Blockchain erlaubt es erstmals digitale Werte sicher zu speichern und zu transferieren. Dies wird zu innovativen Geschäftsmodellen in den verschiedensten Wirtschaftssektoren führen.“

Smart Contracts: So funktionieren Verträge auf der Blockchain

Neben Zahlungsmittel und Informationen kann man auf vielen Blockchains (beispielsweise Ethereum) automatisierte Verträge abschliessen. Das bedeutet, dass z.B. eine Zahlung an Bedingungen geknüpft wird. Dies wird in einem Script programmiert. Wenn die Bedingungen erfüllt sind, dann wird die Zahlung automatisch ausgeführt. Dies bietet Möglichkeit, standardisierte und automatisierte Verträge beispielsweise LSV, Wetten oder Mietverträge digital abzubilden.

Auch Blockchain hat seine Sicherheitslücken

Auf der Grundlage des Distributed Ledger wird jede Transaktion sicher dokumentiert und für alle Beteiligten transparent. Updates sind nur möglich, wenn alle zustimmen. Damit sind in einer Blockchain abgelegte Daten akkurat, transparent und konsistent. Sie können von allen Zugangsberechtigten eingesehen werden. Die Änderung eines einzelnen Transaktionsdatensatzes würde die Änderung aller nachfolgenden Datensätze und die Zustimmung des gesamten Netzwerks erfordern.

Neben den weiteren Vorteilen wie Sicherheit, Rückverfolgbarkeit oder Schnelligkeit sind in der Blockchain Technologie bis jetzt zwei Sicherheitsprobleme aufgetaucht.

  • Der 51% Angriff: Ein Angreifer vereint dabei über die Hälfte der Rechenleistung des Netzwerks auf sich – und kann damit nach Belieben die Blockchain anpassen oder manipulieren. Bei einer Blockchain in der Grösse von Bitcoin ist dies zwar theoretisch unmöglich aber in der Praxis kaum finanzierbar. Bei kleineren Blockchain Projekten kann eine 51% Attacke durchaus zu einem Problem werden.
  • Das zweite Risiko ist in der Aufbewahrung des Privat Keys. Jedes Guthaben auf der Blockchain besitzt einen Privat und einen Public Key. Der Public Key ist eine Art Kontonummer und der Privat Key die Berechtigung das Konto zu verwalten. Deshalb muss der Private Key sicher verwahrt werden. Ansonsten können sich Unberechtigte Zugang zu diesem verschaffen und so über die auf der Blockchain gespeicherten Werte verfügen.

Wie alles begann

Die Idee der Blockchain-Technologie wurde bereits 1991 beschrieben, als die Forscher Stuart Haber und W. Scott Stornetta eine rechnerisch praktikable Lösung zur Zeitstempelung digitaler Dokumente einführten, damit sie nicht rückwirkend oder manipulierbar sind.

Das Konzept von Bitcoin wurde dann 2008 in einem White Paper von Satoshi Nakamoto auf einer Mailingliste über Kryptographie vorgeschlagen. Bisher wurde nicht bekannt, ob es sich bei Satoshi Nakamoto um den Namen einer real existierenden Person, ein Pseudonym oder ein Sammelpseudonym für eine Gruppe von Personen handelt.

Hype Cycle for Blockchain Business

Gartner hat den Hype Cycle for Blockchain Business 2019 veröffentlicht. Die Marktforscher rechnen damit, dass die Blockchain so gut wie alle Industriezweige transformieren wird. Die ganze Studie finden Sie hier.

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Seraina Nägele
Marketing & Kommunikation